Unterstützung von Kindern und Erwachsenen mit Immunthrombozytopenie (ITP) und Fortführung der nationalen und internationalen Forschungsaktivitäten durch die Intercontinental Cooperative ITP Study Group (ICIS) (www.itpbasel.ch)

 

Merkmale der Blutgerinnungsstörung Immunthrombozytopenie (ITP)

In den letzten 50 Jahren hat sich die internationale klinische und Laborforschung auf das Immunsystem konzentriert, was zu großen Errungenschaften in der Medizin geführt hat. Diese Fortschritte erstrecken sich nicht nur auf das weite Feld der Autoimmunität, sondern auch auf die Hämatologie, Onkologie und Immunschwäche. Unsere Forschungsgruppe widmet sich der Erforschung der Autoimmunblutungsstörung, die als „ITP“ bekannt ist. Die ITP ist seit vielen Jahrzehnten ein zentrales Forschungsgebiet am Universitäts-Kinderspital Basel und wir arbeiten weiterhin an einer Vielzahl laufender Projekte. ITP ist eine komplexe Autoimmunerkrankung, die sowohl Megakaryozyten als auch Blutplättchen betrifft. Diese Zellen werden zum Ziel des eigenen Immunsystems und werden vorzeitig ausgeschieden, was zu einer Thrombozytopenie führt (Thrombozytenzahl von <100×109/L).  Die Ätiologie der ITP ist unbekannt.

Da Blutplättchen für die Aufrechterhaltung der Integrität der Blutgefäße wichtig sind, ist Thrombozytopenie mit einem erhöhten Blutungsrisiko verbunden, das von Hautblutungen bis hin zu lebensbedrohlichen Blutungen wie intrakraniellen Blutungen reicht. Leider können Blutungen spontan auftreten, d.h. ohne dass ein Trauma oder eine Verletzung vorliegt. Die Vorhersage der Schwere der Blutung scheint neben der Thrombozytopenie von vielen anderen Faktoren abzuhängen, wie z.B. Alter, begleitende Infektionskrankheiten, Komorbiditäten, andere endogene Faktoren und nicht zuletzt exogene Faktoren, wie z.B. Medikamente. Auf individueller Basis ist die Vorhersage von Blutungen begrenzt, obwohl schwere Blutungen in der Regel bei Patienten mit einer Thrombozytenzahl von weniger als 20×109/l und häufiger bei älteren Patienten beobachtet werden. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die an dieser Krankheit leiden, sind nicht nur täglich einem Blutungsrisiko ausgesetzt, sondern auch der Angst vor Blutungen ausgesetzt, die ihre Lebensqualität erheblich einschränken. Darüber hinaus hat man in jüngster Zeit erkannt, dass auch andere Symptome und Komplikationen mit ITP verbunden sind, z.B. Müdigkeit, kognitive Beeinträchtigungen und ein erhöhtes Risiko für Thrombosen.

ITP ist biologisch verwandt mit Störungen beider Teile des Immunsystems, des angeborenen und des adaptiven Immunsystems. Die ITP stellt eine Modellstörung für die Autoimmunität dar, da Blut als Zielorgan im Labor leicht zugänglich ist und analysiert werden kann. Darüber hinaus kann die thrombozytensteigernde Wirkung vieler Medikamente innerhalb weniger Tage und zu geringen Kosten genau überwacht werden. Bei vielen anderen Autoimmunerkrankungen, z.B. Multipler Sklerose oder rheumatischer Arthritis, ist dies nicht der Fall.

Die Behandlung von ITP umfasst mehrere Endpunkte: Beendigung von Blutungen, Vorbeugung von Blutungen, Verbesserung der Lebensqualität und Heilung von ITP. Die medikamentöse Behandlung ist die tragende Säule der Therapie. Die Splenektomie, die 1916 in der ITP eingeführt wurde, ist zwar immer noch erfolgreich, wird aber durch das Aufkommen verschiedener Medikamente mit unterschiedlicher Wirksamkeit allmählich zurückgedrängt. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden orale und intravenöse Kortikosteroide eingeführt, in den 80er Jahren folgten intravenöse Immunglobuline (Antikörper), und dann wurden um die Jahrhundertwende viele Medikamente entwickelt, die auf die Blutplättchenproduktion (Thrombopoietin-Rezeptor-Agonisten) und spezifische Signalwege des Immunsystems (monoklonale Antikörper gegen B-Lymphozyten) abzielen. Zu den neuen Medikamenten, die sich in der Entwicklung befinden oder bereits auf dem Markt sind, gehören monoklonale Antikörper gegen Plasmazellen, Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitoren, SYK-Inhibitoren, Komplement-Inhibitoren, Fc-Rezeptor-Inhibitoren für Neugeborene und andere.

 

Internationale Organisationen und Communities für Grundlagen- und klinische ITP-Forschung

Die interkontinentale kooperative ITP-Studiengruppe (ICIS) wurde 1997 von einer Gruppe von Hämatologen gegründet, die besorgt darüber waren, dass viele medizinische Aktivitäten und Entscheidungen auf der Meinung von Experten basierten, nicht aber auf Erkenntnissen, die in klinischen Studien gewonnen wurden. Dieser Mangel an Evidenz wurde offensichtlich, als 1996 die ersten Praxisleitlinien der American Society of Hematology entwickelt und veröffentlicht wurden (George J et al. Blood 1996).

ICIS war an frühen Beobachtungen positiver Wirkungen von intravenösen Immunglobulinen auf Blutplättchen bei Kindern und Erwachsenen mit ITP beteiligt, die zuerst von Imbach P et al. (Lancet 1981) beobachtet wurden, gefolgt von einer starken Entwicklung von Immunglobulinprodukten weltweit. Nach der Kommerzialisierung der Immunglobuline wurde es ICIS ermöglicht, mittels eines Forschungsstipendiums, ein internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Ärzten aufzubauen, welche sich mit allen Aspekten der ITP befassen. Alle 3-4 Jahre organisiert ICIS internationale Expertentreffen in der Schweiz und ist die erste Plattform, die Kinderärzte und erwachsene Hämatologen zusammenbringt. Bitte besuchen Sie www.itpbasel.ch für ICIS und ihre Aktivitäten.

Es liegt noch viel klinische und wissenschaftliche Arbeit vor uns, um die ITP besser zu verstehen und Patienten mit dieser Blutgerinnungsstörung zu helfen. Zukünftige Projekte umfassen eine bessere Kenntnis der Pathophysiologie und Pathogenese der ITP, die Vorhersagbarkeit des klinischen Verlaufs, insbesondere der Schwere von Blutungen und des Risikos für chronische Erkrankungen, sowie die Evaluierung neuer Therapien für therapierefraktäre ITP, aber auch für alle anderen Formen der ITP, und die Entwicklung neuer Strategien zur Vermeidung von Chronizität. Diese Aktivität wird durch unsere aktive Teilnahme an verschiedenen klinischen Studien und Registern, Arzneimittelentwicklungsprogrammen und Leitlinienentwicklungen realisiert.

Für eine erfolgreiche Fortführung unserer wissenschaftlichen Arbeit benötigt ICIS Unterstützung. Daher wurde das Fundraising zu einem wichtigen Bestandteil von ICIS. Drei Generationen von Ärzten und Wissenschaftlern arbeiten zusammen und entwickeln das internationale Netzwerk und die Zusammenarbeit von ICIS weiter und vertiefen seine Errungenschaften.

 

Kurze Zusammenfassung der Projekte von ICIS

Im Jahr 1997 wurde ICIS Registry I als internationales Register für Kinder mit neu diagnostizierter ITP gegründet. Ziel war es, klinische Daten über den natürlichen Verlauf der ITP und die Behandlung der Krankheit zu sammeln. Dieses Register wurde im Jahr 2000 geschlossen. Danach wurde das ICIS-Register II (2002-2004) mit dem Ziel eröffnet, die Blutungsstellen im Körper und die Schwere der Blutung und deren Behandlung zu untersuchen. Die Ergebnisse von Register I und II wurden am internationalen Expertentreffen 2006 in der Schweiz diskutiert und führen zu einer Anpassung der Terminologie, Definition und des Ergebnisses von ITP für Kinder und Erwachsene – nach Vereinbarung einer internationalen Arbeitsgruppe (Rodeghiero F. et al. Blood 2009, 113: 2326). Parallel dazu wurde 1998 das Splenektomieregister mit dem Ziel eröffnet, die Splenektomie bei Kindern in Bezug auf die Operation, das prä-, peri- und postoperativen Managements und das Ergebnis dieses Eingriffs zu untersuchen. Im Jahr 2003 wurde das Register für chronische ITP bei Kindern und Erwachsenen eröffnet, um weitere klinische Daten und Blutproben von Kindern und Erwachsenen mit ITP zu sammeln. Dieses Register wurde im Dezember 2023 geschlossen. Es ist geplant, neue Register zu initiieren.

 

Ziele der Forschung an Kindern und Erwachsenen mit ITP und der Aktivitäten von ICIS

ICIS ist weiterhin in der klinischen und Grundlagenforschung der ITP aktiv. Da die finanziellen Ressourcen begrenzt sind, muss die von Forschern ausgehende Forschung koordiniert werden. Daher wird die Zusammenarbeit mit anderen Gruppen, die an der Erforschung der ITP beteiligt sind, fortgesetzt. ICIS wird sorgfältig neue Projekte auswählen, die durchführbar sind und hoffentlich einen voranbringenden Effekt auf den Erwerb von Wissen im Bereich der ITP haben werden.

Da ICIS traditionell auch in der Bildung und Wissensvermittlung tätig ist, werden die traditionellen Expertentreffen in der Schweiz weitergeführt, da sie beliebt sind und neue Impulse für die klinische und Grundlagenforschung geben können.

 

Finanzielle Aspekte und aktive Mitarbeit

Die Regeln der Universität verlangen eine gewisse Unabhängigkeit, obwohl die Zusammenarbeit und der Austausch mit Wirtschafts- und Finanzinstituten sehr willkommen und notwendig sind. So wurden beispielsweise bei vergangenen Expertentreffen Vertreter unterstützender Unternehmen als Zuhörer und zur Kontaktaufnahme mit Experten eingeladen.

Die Unterstützung von akademischen Gruppen stellt in den letzten Jahren eine Herausforderung dar, und es wird immer schwieriger, Spenden für spezifische Forschung zu finden. ICIS plant, diese Suche auf neue Wege zur Unterstützung durch interessierte Gruppen auszuweiten, darunter Privatpersonen, akademische Gesellschaften, wettbewerbsfähige Fonds, Industrie und andere.

Wir freuen uns über Anregungen und Ankündigungen von Unterstützung und nehmen Fragen gerne entgegen.

 

Vielen Dank und liebe Grüße,

Paul Imbach, Thomas Kühne und Alexandra Schifferli